Ein stilles, feinfühliges Drama über Verantwortung, Nähe und das Ringen um einen Platz im eigenen Leben.
Vier Mütter für Edward ist ein stilles, berührendes Drama des irischen Regisseurs Darren Thornton, das mit großer Feinfühligkeit und einem feinen Gespür für zwischenmenschliche Dynamiken überzeugt. Im Zentrum steht Edward, ein sensibler Schriftsteller mittleren Alters, gespielt von einem gut aufgelegten James McArdle, der sich fürsorglich um seine pflegebedürftige Mutter Alma (Fionnula Flanagan) kümmert. Ihr Verhältnis zueinander ist eng, aber auch geprägt von Verantwortung, Stillstand und einer spürbaren inneren Müdigkeit. Thornton führt uns mit großer Ruhe in diese Lebensrealität ein – getragen von einem zurückhaltenden, melancholischen Soundtrack und einer klaren, gefühlvollen Bildsprache.
Schon früh wird deutlich: Edwards Leben steht an einem Wendepunkt. Zwischen familiären Verpflichtungen, einem neuen Buchprojekt und einer gewissen emotionalen Leere scheint er sich selbst aus dem Blick verloren zu haben. Die Frage, wie viel Raum man dem eigenen Leben geben darf, wenn andere Menschen auf einen angewiesen sind, zieht sich wie ein feiner Faden durch den gesamten Film. Dabei gelingen Thornton immer wieder sehr ehrliche, leise Momente – ganz ohne Sentimentalität, aber mit viel menschlicher Wärme.
Der Film wechselt klug zwischen sanfter Komik und nachdenklichem Drama. Immer wieder blitzen humorvolle, oft bissige Dialoge auf, die jedoch nie ins Klamaukhafte kippen. Vielmehr entspringt der Witz hier der Beobachtung, dem Zusammenspiel der Figuren und den oft absurden Situationen, in denen Edward sich wiederfindet. Das Ensemble – unter anderem Dearbhla Molloy, Gearoid Farrelly und Gordon Hickey – spielt mit gutem Gespür für Timing, Charaktertiefe und Zwischentöne. Besonders hervorzuheben ist die Dynamik zwischen den Figuren älterer Generationen, die trotz aller Unterschiede langsam zueinander finden – ein Prozess, den Thornton mit viel Empathie und einem realistischen Blick auf das Älterwerden inszeniert.
Visuell bleibt der Film durchgehend ruhig und unaufgeregt, nutzt aber geschickt Perspektiven und kleine visuelle Spielereien wie Bild-in-Bild-Sequenzen, um Atmosphäre und Stimmung subtil zu verstärken. Einzelne Szenen – darunter ein scheinbar alltäglicher Gang zum Supermarkt – bleiben durch ihre Bildsprache und Inszenierung nachhaltig im Gedächtnis.
Vier Mütter für Edward ist kein Film, der laut um Aufmerksamkeit buhlt. Er verzichtet bewusst auf große Gesten und setzt stattdessen auf ehrliche, dialogreiche Szenen. Wer ein Faible für entschleunigtes Erzählkino mit starken Figuren und thematischer Tiefe hat, wird hier fündig. Thornton gelingt es, komplexe Themen wie Fürsorge, Selbstaufgabe, Generationskonflikte und queere Identität miteinander zu verweben – ohne dabei belehrend oder konstruiert zu wirken.
Es ist ein Film, der dazu einlädt, genauer hinzusehen – auf das eigene Leben, auf die Beziehungen zu anderen, auf das, was unausgesprochen zwischen den Menschen liegt. Am Ende verlässt man das Kino nicht überwältigt, sondern mit einem leisen, ehrlichen Gefühl – und der Erkenntnis, dass Veränderung manchmal in den kleinsten Schritten beginnt.
Trotz seiner vielen Stärken bleibt Vier Mütter für Edward nicht ganz frei von kleinen Schwächen. Gelegentlich tritt die Handlung etwas auf der Stelle, was insbesondere in der zweiten Hälfte spürbar wird. Auch wenn die Dialoge viel tragen, hätten einige Szenen straffer erzählt sein dürfen. Die melancholisch-ruhige Erzählweise, so stimmig sie auch ist, dürfte zudem nicht jeden Geschmack treffen – wer auf eine klassische Dramaturgie mit klaren Höhepunkten hofft, wird hier womöglich enttäuscht.
Unterm Strich ist Vier Mütter für Edward ein sensibel erzählter, tief menschlicher Film über das Älterwerden, Verantwortung und stille Sehnsucht nach einem eigenen Platz im Leben - getragen von guten Darstellern, klugen Dialogen und einem ehrlichen Blick auf das, was uns miteinander verbindet.
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