"Kung Fu in Rome" - Wenn Tradition auf gnadenlose Action trifft


Ein geheimnisvolles Familiengeheimnis, eine junge Frau auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit und atemberaubende Kung Fu-Kämpfe mitten in den Straßen Roms. "Kung Fu in Rome" ist mehr als nur ein Actionfilm. Gabriele Mainetti verbindet spektakuläre Kampfchoreografien mit großen Gefühlen, Humor und einer ungewöhnlichen Reise zwischen zwei Kulturen. Herausgekommen ist ein Film, der fesselt, überrascht und den Zuschauer bis zur letzten Minute nicht loslässt.

 

"Kung Fu in Rome" ist ein Werk, das von der ersten Minute an signalisiert: Hier geht es nicht um schnelle Effekte, sondern um Kino, das seine Zuschauer ernst nimmt. Gabriele Mainetti entfaltet eine Geschichte, die sowohl in China als auch in Italien verwurzelt ist und sich doch keiner einfachen Kategorisierung unterordnet.

Bereits in den Eröffnungsszenen wird klar, wie sorgfältig "Kung Fu in Rome" komponiert ist. Die Kamera bleibt ruhig und nah an den Figuren, zeigt Details, die sich erst später zu einem größeren Bild zusammensetzen. Eine Kindheit in China, geprägt von Regeln, Tradition und der Sehnsucht nach Freiheit, trifft im weiteren Verlauf auf die manchmal chaotische Realität Roms. Dieser Bruch ist nicht nur geografisch, sondern auch emotional spürbar - und er bildet das Fundament für eine Geschichte, die von Verlust, Suche und letztlich von der Kraft der Selbstbestimmung handelt.

Im Zentrum steht Mei (Yaxi Liu), eine Figur, die durch ihre Präsenz und Körperlichkeit den Film trägt. Sie ist verletzlich und stark zugleich, eine Protagonistin, die nicht über Dialoge, sondern über Gesten, Blicke und vor allem ihre Körperbeherrschung erzählt wird. In ihrer Kindheit lernt sie gemeinsam mit ihrer Schwester Yun Kung Fu, während die politische Ein-Kind-Politik in China für Spannungen und Geheimnisse innerhalb der Familie sorgt. Jahre später verschlägt es Mei nach Rom, wo sie in einem turbulenten italienischen Umfeld auf neue Herausforderungen trifft. Hier begegnet sie Marcello (Enrico Borello), dem Sohn eines Restaurantbesitzers, dessen Vater Alfredo (Luca Zingaretti) eine komplexe Vergangenheit hat, die das Leben der Menschen um ihn herum noch lange beeinflusst. Während Mei ihre Fähigkeiten als Kämpferin unter Beweis stellen muss, trifft sie auf weitere prägende Figuren: Annibale (Marco Giallini), ein lokaler Einflussnehmer, der in Rom für Macht und Ordnung sorgt, und Mr. Wang (Chunyu Shanshan), den Anführer einer chinesischen Organisation, die in der Stadt aktiv ist. Alle Figuren tragen dazu bei, dass die Handlung vielschichtig und abwechslungsreich bleibt, ohne dass die Spannung darunter leidet.

Es gelingt dem Film eine Balance zu halten, die selten so ausgewogen war. Die Auseinandersetzungen sind mitunter brutal, ohne je in Selbstzweckhaftigkeit abzurutschen. Immer bleibt ein ästhetischer Anspruch spürbar, ein Bewusstsein für Bildsprache und Rhythmus. Unterstützt wird das durch eine Tonspur, welche unaufdringlich, aber präzise eingesetzt ist: Musik, die nicht dominiert, sondern begleitet, und immer wieder Momente der Stille, die den Raum für die Figuren öffnen.

Doch "Kung Fu in Rome" ist mehr als ein stilistisches Erlebnis. Mainetti erzählt auch eine Geschichte über Begegnungen, Missverständnisse und den Versuch, sich in einer Welt voller Brüche zu behaupten. Humorvolle Dialoge lockern die Schwere des Themas auf, kleine Alltagsmomente bringen Menschlichkeit in eine Handlung, die leicht ins Melodramatische kippen könnte. Stattdessen entwickelt sich ein Tonfall, der gleichzeitig ernsthaft und verspielt ist, eine Gratwanderung, die nur selten so souverän gelingt.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Besetzung. Die Darsteller wirken in ihren Rollen absolut stimmig, egal ob sie mit wenigen Worten oder mit starker physischer Präsenz arbeiten. Besonders hervorzuheben ist, wie natürlich die Sprachmischung wirkt: Die chinesischen Figuren sprechen Chinesisch, während die italienischen Figuren in der deutschen Fassung Deutsch sprechen - ein mutiger, aber kluger Schritt, der Authentizität schafft. Die Untertitel der chinesischen Dialoge sind dabei nie störend, sondern fügen eine zusätzliche, spannende Ebene hinzu.

Das Zusammenspiel aus Action, Drama und feiner Komik macht den Film zu einem Erlebnis, das über Genregrenzen hinausgeht. Mal fühlt man sich an klassische Martial-Arts-Filme erinnert, mal an europäisches Autorenkino - und doch ist "Kung Fu in Rome" etwas völlig Eigenes. Diese Eigenständigkeit ist eine seiner größten Stärken.

Wenn sich die verschiedenen Handlungsstränge schließlich verdichten, entsteht ein Film, der nicht auf einen einzelnen Höhepunkt zusteuert, sondern in Wellen erzählt wird. Er nimmt sich Zeit für Rückblenden, für Zwischentöne, für Momente, in denen Figuren einfach nur durch die Straßen Roms streifen. Gerade dadurch entsteht eine besondere Intensität: Man spürt, dass es hier nicht allein um Rache oder Konflikte geht, sondern um Identität, Zugehörigkeit und die Frage, wie Vergangenheit und Gegenwart sich versöhnen lassen.

Am Ende verlässt man den Saal mit dem Gefühl, einen Film gesehen zu haben, der nicht nur unterhält, sondern auch etwas wagt. "Kung Fu in Rome" ist temporeich, überraschend und dabei tief menschlich. Ein Film, der das Publikum fordert und gleichzeitig begeistert - und der beweist, dass große Geschichten immer dann entstehen, wenn Kulturen, Genres und Menschen aufeinandertreffen.

Kurzfazit: Mit "Kung Fu in Rome" legt Gabriele Mainetti ein Werk vor, das internationales Kino auf höchstem Niveau verkörpert. Packend inszenierte Kampfszenen, eine beeindruckende Bildsprache und eine Geschichte, die Herz und Verstand gleichermaßen anspricht, machen den Film zu einem Erlebnis, das weit über das Genre hinausstrahlt. 

 

"Kung Fu in Rome" startet ab dem 11. September 2025 in den deutschen Kinos

 

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